Götterdämmerung?

Als ich aufwache ist der Himmel ganz dunkel. Ein Blick auf die Uhr, 7:45, alles wie immer!

Es ist regnerisch. Draussen.

Ich suche eben noch schnell alle Unterlagen zusammen, Geld dabei?

Schon bin ich auf dem Weg. Ist der Wind heute irgendwie kälter, schärfer als gestern?

Und der Regen, wieso muss ich heute tatsächlich schon so früh am Tag den Schirm aufmachen?

Ich überquere die Brücke mal auf der anderen Seite, passiert sonst nur auf dem Weg ins Kino, oder zur Bank.

Dann bin ich da, stehe vor diesem weißen (oder ist es beige?) Steingebäude. Schon wieder dieses Bauchgefühl, oder ist es der Kopf? Egal, rein!

Der Flashback, ich bin wieder am Flughafen, wieder auf dem Weg nach Kanada...

"Kann man mit däm Händii Foddos machen?"
"Ja!"
"Dann müsse sie dat abbjebe"

Soll ich den beiden noch von den Metallplatten in meinen Schuhen erzählen, weshalb ich damals fast barfuß ins Flugzeug gehen musste? Nein, ich will nur aus dieser Schleuse raus, den Abholbon in der Hand!

Da stehe ich nun in diesem Lichthof, aber Licht ist hier ohnehin das falsche Wort, sagen wir... Scheideweg... vielleicht Entscheideweg, denn wirkliche Beschilderung sieht irgendwie anders aus.

Ich folge meinem Instinkt und erinnere mich grob an die Gebäude-Recherche im Internet, rechts, Neubauflügel. Ob man da Engel hö... - quatsch!

So, drin - und jetzt? Ich bin unten, ganz unten, also rauf? Ja. Treppenhaus, Sport tut gut, die Völlerei zu Weihnachten war ohnehin... 1. Etage, richtig? Nein, noch eine...

Angekommen!

Soll ich kurz Pause machen, um nicht völlig ausser Atem anzukommen? Ok. Man, wie lang sind 15 Sekunden so in der Regel? Tür auf. Welcher Raum? Keine Ahnung, da steht eine Tür auf, ein seliger, heimeliger Lichtschein fällt in den tristen Flur. Was steht auf dem Schild? Achja, richtig:

"Guten Tag!"

Die Aktenberge antworten, ach nein, da sitzt jemand!

"Einen Moment!"

Deshalb stehen die Klapp-Stühle da. Hinsetzen. Rucksack aus, wie sieht das denn aus?

So. Audienz. Eintreten.

"Der Weg zu Ihnen soll uns noch ein wenig nachdenken lassen, uns zur Besinnung bringen, oder?"

"Mhmm, jaja."

Ok, keinen Hurmor...

"Waren sie schon bei der Kasse?"
"Wegen den 30 Euro?"
"Ja!"
"Muss man da vorher hin?"
"Ja! Hat man ihnen das unten nicht gesagt?"
"Nein."

Mein Antrag wird "schon mal aufgenommen", alle erforderlichen Unterlagen sind ja vollzählig.

Ich also wieder raus.

Wo kam ich nochmal her? Achja, rechts. Und runter. Aufzug. Wo hat sie gesagt, ist die Kasse? Raus auf E. Rechts? Links? Geradeaus? Treppenhaus. Runter. Falsch!

Nach ca. 1 Minute umherirren auf ca. 10 qm frage ich.

"Kasse?"
"Ja."
"Iss doch klar, rechts, rechts und dann links"

Achso. Stimmt. Bin übrigens wieder im alten Gebäude. Da ist die Tür. Klopf. Klopf. Tür auf. Oh Gott. Hier steht ja auch die Zeit still. Ich 30 Euro unters Panzerglas geschoben, als Ersatz bekomme ich 3 Briefmarken. Philatelisten? So schätze ich die beiden mir gegenüber auch irgendwie ein...

Wieder rauf. In die 2. Etage? Ja, diesmal aber Aufzug.

Oben angekommen. Antrag ist schon fertig.

"LesenSiesichdaskurzdurch,oballeAngabenrichtigsindunddannunterschreibenSiehier."

Es ist alles richtig, ich unterschreibe.

Das wars, ich raus, kenne ja jetzt den Weg.

Zurück an der Schleuse.

"Komme Sä hiar raus!"

Linke Tür. Noch mal zur Information:

"Ich möchte mein Handy abholen."

Er wacht auf, im Regal liegt nix. Er raus, zur Schleuse. Ich war wohl zu schnell, mein Beutel liegt immer noch dort. Er nimmt ihn mit, nicht ohne noch die letzten Neuigkeiten vom Infoschalter den Kollegen von der Schleuse mitzuteilen, komisch jetzt kommen mir 2 Minuten viel kürzer als die 15 Sekunden von eben vor...

Handy wieder in der Hand, kurz anmachen, ob es auch meins ist. Ist es. Treppe runter, Tür auf.

Ich steh wieder draussen. Vor dem Amtsgericht. Jetzt regnet es richtig.

Kaum zu glauben, ich bin gerade aus der Kirche ausgetreten.

Ich Gottloser, ich.